Was ist eigentlich der Unterschied zwischen der Matura und der Berufsmatura?

Vielleicht stehst du gerade vor deiner Matura oder hast sie bereits absolviert, doch weißt du worin eigentlich die Unterschiede zwischen AHS/BHS und Berufsreifeprüfung, also zwischen Matura und Berufsmatura, liegen?

 

Gleichstellung seit 1997

Seit 1997 sind beide Formen der Matura einander gleichgestellt. Das bedeutet, dass beide Formen der Matura zu einem Studium an einer österreichischen Hochschule, Fachhochschule oder an einem Kolleg berechtigen. Das wurde durch das Bundesgesetz über die Berufsreifeprüfung möglich, welches am 01. September 1997 in Kraft getreten ist.

Für junge Lehrlinge war das ein Meilenstein – erstmals war das berufliche Wissen dem schulischen gleichgestellt. Damit war das Tor zu einem Hochschulstudium für Lehrlinge offen.

 

Der allgemeine Universitätszugang

Absolventen einer Berufsreifeprüfung erhalten also einen allgemeinen Universitätszugang. Das bedeutet aber nicht, dass die Absolventen einer Berufsmatura wirklich gleich alles studieren können. Es bedeutet, dass sie prinzipiell alles studieren dürfen. Wenn ein gewisses Studium allerdings Wissen voraussetzt, das im Zuge der Berufsreifeprüfung nicht vermittelt wurde, so ist es notwendig, dieses Wissen nachzuholen. Das betrifft aber nur wenige Studiengänge. Medizin ist so ein Beispiel – hier wird lateinisches Grundwissen vorausgesetzt. Während sich AHS-Maturanten dieses Wissen in mühsamen Latein Stunden bereits angeeignet hat, müssen die fertigen Lehrlinge einen Kurs besuchen, der ihnen dieses fehlende Wissen vermittelt.

 

Gründe für die Gleichstellung

Die Absicht hinter der Gleichstellung von AHS bzw. BHS Matura und Berufsreifeprüfung ist klar: Die Politik wollte damit Lehrberufe attraktiver machen, Chancengleichheit zwischen Lehrlingen und Maturanten schaffen und die Möglichkeit auf freien Bildungszugang gewähren.

 

Der fehlende Universitätszugang

Der Universitätszugang in Österreich ist ziemlich gut gegeben. Für Lehrlinge, die einen Beruf erlernen, ist die Berufsreifeprüfung eine wunderbare Möglichkeit für weiteren Bildungszugang.

Im Ausland sieht die Sache ein wenig anders aus: Die ausländischen Institute handhaben die Ausbildung junger Menschen nach ihren lokalen Gesetzen. Die Berufsreifeprüfung wird dabei zumeist nicht als Studienberechtigung anerkannt. Eine pauschale Aussage ist hier aber nicht möglich, da das von jedem Land anders gehandhabt wird. Diesen Punkt müssen aber Personen mit Berufsmatura bedenken, wenn sie ein Auslandssemester oder gar ein ganzes Studium im Ausland beginnen wollen.

 

Begriffswirrwarr um die Berufsreifeprüfung

Berufsmatura, Lehre mit Matura oder doch Berufsreifeprüfung? Vielleicht hast du dich schon einmal gefragt, ob es einen Unterschied zwischen diesen Begriffen gibt.
Die Antwort ist einfach: Nein, all diese Bezeichnungen stehen für die Möglichkeit des Erwerbs der Studienberechtigung für Lehrlinge.

 

An wen richtet sich die Berufsmatura?

Die Berufsreifeprüfung richtet sich nicht ausschließlich an Lehrlinge. Natürlich macht diese Gruppe den größten Anteil aus, aber daneben gibt es noch weitere Personengruppen, für die eine Berufsreifeprüfung interessant ist.
Neben Lehrlingen haben auch Personen, die bereits eine Meisterprüfung absolviert haben, die Möglichkeit, eine Berufsreifeprüfung abzulegen. Das kann ein Weg sein, um die Matura nachzuholen und gleichzeitig eine Studienberechtigung zu erhalten. Auch für viele Schüler einer berufsbildenden mittleren Schule (BMS) kann die Berufsmatura ein Weg an die österreichischen Akademien sein. Der Personenkreis, der zur Berufsreifeprüfung zugelassen wird, wurde in den vergangenen Jahren auch immer größer. So sind Schüler aus Schulen mit dem Schwerpunkt Landwirtschaft oder Erziehung mittlerweile zum Antritt zur Prüfung zugelassen.

 

An wen richtet sie sich nicht?

Vor allem wenn der Studiengang oder das anvisierte Kolleg bereits klar ist, muss die Berufsreifeprüfung nicht die beste Option sein. In solchen Fällen kann eine zielgerichtete Studienberechtigungsprüfung Aushilfe leisten. Diese berechtigt zum Beginn eines konkreten Studiengangs oder Kollegs. Damit fallen allgemeinbildende Faktoren weg. Ebenfalls uninteressant ist die Berufsreifeprüfung für Personen, die einen Diplom-Titel haben wollen. Dieser ist fast ausschließlich durch den Besuch einer HTL möglich. Pro Jahr sind es nur sehr wenige, die einen Ingenieurs-Titel ohne HTL-Besuch erhalten.

Außerdem ist nicht jeder Arbeitgeber mit den Möglichkeiten der Berufsreifeprüfung glücklich. Die erworbenen Chancen können zu einem Hochschulstudium beim Arbeitnehmer führen, was eine Lücke in seinem Personal schaffen kann. Für junge Lehrlinge ist es unter Umständen ein Problem, wenn der Chef gegen die zusätzliche Ausbildung ist.

 

Die Berufsmatura im Überblick

Anders als eine AHS-Matura besteht die Berufsmatura aus vier Teilprüfungen. Drei Prüfungsfächer sind dabei vorgegeben: Deutsch, Mathematik und eine lebende Fremdsprache. Das vierte Prüfungsfach ergibt sich aus dem Fachbereich, in dem der Lehrling berufliche Praxis erworben hat. Drei dieser vier Prüfungen können an der Schule abgelegt werden, an der die Berufsmatura absolviert wird – beispielsweise am WIFI. Die vierte Prüfung muss dagegen an einer höheren Schule vor einer Prüfungskommission abgelegt werden. Zumindest hier gleichen sich beide Modelle also.

Der Zeitrahmen für das Ablegen der Prüfungen ist nicht festgelegt, die Lernenden dürfen ihn selbst setzen. Die Vorbereitungskurse für die Prüfungsfächer dauern aber jeweils zwei Semester – daher ist der schnellstmögliche Abschluss in einem Jahr möglich. Dabei gibt es die Formen des Selbststudiums, Fernstudiums oder Vorbereitungskurse, die meist am Abend stattfinden.

 

Der Aufbau der Prüfungen

Die Prüfungen der Berufsmatura sind etwas anders aufgebaut als die der AHS-Matura. Das Niveau soll bei den abgelegten Prüfungen zwar jenem der AHS und BHS entsprechen und ist mittlerweile standardisiert, allerdings gibt es dennoch Unterschiede.
Die konkreten Anforderungen können leicht abweichen, an den meisten Ausbildungsstätten sieht die Matura aber wie folgt aus: In Mathematik gibt es lediglich eine schriftliche Prüfung, sie dauert viereinhalb Stunden. In Deutsch gibt es verpflichtend eine schriftliche und mündliche Prüfung, wobei die mündliche Prüfung aus einem Gespräch über die schriftliche Arbeit besteht. Die Prüfung der lebenden Fremdsprache kann vom Prüfling entweder schriftlich in einer fünfstündigen Prüfung oder mündliche abgelegt werden. Zuletzt die Fachprüfung: Hier steht eine fünfstündige Prüfung oder eine projektorientierte Arbeit zur Auswahl. Über das Projekt wird bei der mündlichen Prüfung diskutiert.

 

Wichtige Änderungen am Maturasystem:

  • Mädchen dürfen in Österreich erst seit 1872 die Matura machen
  • Seit 01. September 1997 dürfen Lehrlinge mithilfe der Berufsreifeprüfung studieren
  • Mittlerweile erhalten Schüler aus immer mehr Schulformen Zugang zur Berufsreifeprüfung

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