Kollegs in Österreich: ein Überblick

Ein höherer Bildungsabschluss ist ein Ziel, das immer mehr Österreicher anstreben. Viele – vor allem Leute jungen Alters – sehen einen höheren oder sogar akademischen Abschluss als Chance auf besser bezahlte und prestigeträchtigere Berufe an. 
Dabei existieren heute weit mehr Möglichkeiten als noch vor rund 50 Jahren, als nur nach der Matura der Weg an die Universität frei wurde.

Heute kann die Matura auf Umwegen wie mithilfe der Abendschule nachgeholt werden, außerdem bieten sich Aufbaujahre an Privatschulen oder der Besuch eines Kollegs an. Über letzteres sollen Sie in den folgenden Absätzen mit allen wichtigen Informationen versorgt werden.

 

Was ist eigentlich das Kolleg in Österreich?

In Österreich hat das Kolleg die Funktion einer sogenannten ergänzenden Schulform. Im nationalen Schulsystem gehört das Kolleg zur post-sekundären bzw. tertiären Stufe und ist gleichwertig zu etwa einer Meisterschule, den mehrjährigen öffentlichen Aufbaulehrgängen oder einer 3-jährigen Schule für Berufstätige.
Das Ziel eines Kollegs ist die Vermittlung eines berufsbildenden Abschlusses höheren Grades, der seine Absolventen mit denen einer Handelsakademie gleichsetzt. So gesehen kann das Kolleg auch als gehobene Berufsausbildung eingestuft werden.

Auch Personen mit einer abgeschlossenen und staatlich anerkannten Ausbildung können das Kolleg besuchen, um den höheren Abschluss aufzusetzen.In der Regel erstrecken sich die Lehrgänge des Kollegs über 4 – 6 Semester, was 3 – 4 Jahren entspricht. Die genaue Länge richtet sich nach dem Inhalt beziehungsweise der Branche des Lehrgangs.

Am Ende der Kollegzeit steht die sogenannte Diplomprüfung, die zwingende Voraussetzung für den Abschluss ist. Mit dem erfolgreichen Bestehen dieser Prüfung dürfen die Absolventen sich an einer Berufsbildenden höheren Schule einschreiben, wo Spezialisierungen in Fachgebieten und weitere Aufbaulehrgänge angeboten werden.

 

Welche Voraussetzungen gibt es für den Besuch eines Kollegs?

Das Kolleg kann besucht werden, wenn eine der folgenden Vorbildungen abgeschlossen wurde:

  • Abschluss einer Allgemeinen höheren Schule (auch als Matura bekannt)
  • mit dem erfolgreichen Abschluss einer Studienberechtigungsprüfung oder Reifeprüfung
  • Absolventen mit einer abgeschlossenen Reifeprüfung einer Berufsbildenden höheren Schule
  • Erfahrung in einschlägigen Fachbereichen (in diesem Fall muss ein allgemeiner Bildungsblock an die 4 – 6 Semester am Kolleg angehängt werden)
  • das Mindestalter für den Besuch eines Kollegs liegt in Österreich bei 18 Jahren

 

Zwar haben Kollegs in Österreich einen eher technischen Schwerpunkt und viele angebotene Lehrgänge gehören zum MINT-Bereich, dieser beinhaltet Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik. Es gibt jedoch auch soziale, pädagogische und künstlerische Sparten, diese führen vor Antritt einen eigenen Test zur Eignung der Bewerber durch.

 

Welche Chancen bietet mir ein Kolleg?

Das Kolleg bietet bereits berufstätigen Personen oder Menschen mit praktischer Erfahrung und abgeschlossener Ausbildung die Möglichkeit, einen höheren qualifizierenden Abschluss zu erwerben. Dabei ist der Bezug zur Praxis der jeweiligen Fachbereiche auf jeden Fall gegeben, das theoretische Wissen nimmt nicht überhand. Insgesamt wurde bei der Konzipierung der Lehrpläne an den Kollegs auf eine “schlanke Linie” geachtet. Die Pläne sollten nicht überfrachtet sein, sondern im Gegenteil die wichtigsten theoretischen Kenntnisse zusammen mit breiten Anwendungsmöglichkeiten im echten Berufsleben vermitteln.

Ein weiterer großer Vorteil ist, dass der Besuch des Kollegs gut mit der Berufstätigkeit abgestimmt werden kann. In den sogenannten Abendkollegs haben Studierende die Möglichkeit, sich in 6 statt 4 Semestern den Stoff anzueignen und die Diplomprüfung am Ende mit etwas mehr Zeit anzugehen.
So muss der Beruf nicht zeitweise aufgegeben werden, das vermeidet einen Wiedereinstieg nach der Prüfung und sorgt zudem für einen großen materiellen Vorteil, da das Gehalt vollständig erhalten bleibt.

 

Welche Schulformen des Kollegs existieren in Österreich?

Kollegs gibt es in einigen unterschiedlichen Formen, da sie auf unterschiedliche Fachbereiche fokussiert sind und mehrere Zeitmodelle anbieten. Das erlaubt es Berufstätigen den Besuch des Kollegs mit dem eigenen Job unter einen Hut zu bringen.

Generell unterteilen sich die Kollegs in Abend- und Vollzeit-Einrichtungen. Die Abendkollegs dauern nach regulärem Plan 6 Semester und enden – wie die Vollzeit-Kollegs mit 4 Semestern – mit der gleichen Diplomprüfung.

Die Kollegs in Österreich bieten eine breites Angebot an Fachrichtungen an, sodass möglichst viele Maturanden oder Absolventen einer grundlegenden Berufsausbildung die Möglichkeit zur Weiterbildung in ihrer Branche bekommen. Es gibt beispielsweise die Fachrichtungen

  • Chemie und Chemieingenieurwesen
  • Mode und Design
  • Kommunikation und Mediendesign
  • Bautechnik
  • Sozialpädagogik
  • Elektronik und technische Informatik
  • Umwelt
  • Wirtschaftsinformatik (Digital Economic Business)

 

Im Speziellen gibt es in den österreichischen Bundesländern folgende Formen des Kollegs in seiner Form als höhere Schule:

  • Kolleg der technischen gewerblichen höheren Schule (vergleichbar mit der Technischen Hochschule)
  • Kollegs der kaufmännischen höheren Schule
  • Kollegs der wirtschaftlichen höheren Schule
  • Kollegs der höheren Schule für (Sozial-)Pädagogik
  • Kollegs für Fremdenverkehr/Tourismus an der höheren Schule
  • Kollegs für Bekleidung/Mode an der höheren Schule
  • Kollegs für Kunstgewerbe an der höheren Schule
  • Kollegs der höheren Schule für Kinderpädagogik

 

Kosten beim Besuch des Kollegs und eventuelle staatliche Förderung

Kollegs werden sowohl aus privater als auch aus öffentlicher Hand angeboten. An den öffentlichen Abend- und Tageskollegs ist der Unterricht vollständig kostenfrei, auch notwendige Bücher und Lehrmaterialien werden gestellt. Damit ist der Besuch der staatlichen Kollegs deutlich kostengünstiger als der an privaten Einrichtungen.

Diese verlangen in der Regel einen festen monatlichen Betrag in Höhe von 200,- € bis 400,- €, dazu kommen Kosten für Materialien, Lehrbücher und Co. Der Abschluss an privaten und öffentlichen Kollegs ist gleich, nämlich die Diplomprüfung.

An manchen privaten Kollegs gibt es eine engmaschigere Betreuung für die Absolventen oder zusätzliche Angebote für Intensivkurse in schwierigen Fächern wie zum Beispiel Statistik oder höhere Mathematik. Auch die Kursgruppen können kleiner sein als an öffentlichen Tages- oder Abendkollegs.

Besonders beim Besuch eines privaten Kollegs liegt die Inanspruchnahme einer Förderung von staatlicher Seite nahe. Wie auch bei Studienbeihilfen sind Finanzierungshilfen von Seiten des Landes beliebt, da oft nicht die volle Summe zurückbezahlt werden muss und die Konditionen sowie die Zinsen günstig für Berufseinsteiger sind.

Allerdings kann für den Besuch eines Tages- oder Abendkollegs in Österreich keine Studienbeihilfe beantragt werden, da der akademische Stand einer Universität ein anderer ist. Auch das sogenannte Selbsterhalter-Stipendium ist für Besucher eines Kollegs nicht in Reichweite.

Es gibt jedoch andere Förderungen von Seiten der einzelnen Bundesländer und des Staats, die bei der finanziellen Überbrückung helfen können. Die Förderungswürdigkeit muss in jedem einzelnen Fall besonders geprüft werden, weitere Informationen finden Sie auf den Webseiten der jeweiligen Länder oder des Bildungsministeriums.

 

1. Die Schulbeihilfen

Die Schulbeihilfen sind besonders für die Schüler und Schülerinnen gedacht, die nahe ihres Wohnorts keine geeignete Bildungseinrichtung finden und daher eine eigene Wohnung benötigen. Das Kolleg ist bereits ab dem ersten Semester eine der förderungswürdigen Bildungseinrichtungen. Die Schulbeihilfen bestehen aus einer Reihe von Unterstützungen, die sowohl von Bund, Land, Vereinen als auch privaten Stiftungen kommen.
Die genauen weiteren Voraussetzungen sind beispielsweise auf der Webseite der Arbeiterkammer Österreich einsehbar.

 

2. Die Bildungskarenz

Die Bildungskarenz beinhaltet ein Weiterbildungsgeld, das besonders Berufstätigen zugutekommen soll, wenn diese eine weitere Qualifizierung anstreben. Für einen Zeitraum von bis zu 12 Monaten kann ein Arbeitnehmer das eigene Arbeitsverhältnis unterbrechen (nicht kündigen), um etwa ein Kolleg zu besuchen. Da dieser Zeitraum für den erfolgreichen Abschluss eines Kollegs nicht ausreicht, können Absolventen auch auf die sogenannte Bildungsteilzeit mit teilweisem Lohnersatz ausweichen. Hier wird das Gehalt nicht in voller Höhe über die gesamte Dauer erstattet, sondern abgesenkt und dafür länger ausbezahlt.

 

3. Die Familienbeihilfe

Die Familienbeihilfe ist eine finanzielle Unterstützung für alle Familien, die Kinder haben. Wenn sich diese in einer beruflichen Ausbildung befinden (das Kolleg ist eingeschlossen), wird die Familienbeihilfe auch bei einem Alter über 18 Jahren gezahlt. Die Unterstützung geht bis zum Alter von 24, wenn das Kolleg danach noch abgeschlossen ist, können alternative Hilfen beantragt werden (siehe Bildungskarenz oder Schulbeihilfen).

 

4. Das Bildungskonto des Landes Oberösterreich

Hier handelt es sich um eine lokal begrenzte Beihilfe zum Kollegbesuch, es ist jedoch denkbar, dass das Modell auf andere Bundesländer ausgeweitet wird. Im Zuge des Bildungskontos des Landes Oberösterreich sollen Personen unterstützt werden, die eine Aus- oder Weiterbildung oder eine berufliche Umorientierung anstreben. Das beinhaltet ausdrücklich auch Personen, die sich zum Zeitpunkt des Antrags auf das Bildungskonto in keinem festen Arbeitsverhältnis befinden.

Darunter fallen zum Beispiel auch Selbstständige, geringfügig Beschäftigte, Arbeitslose, Ausgelernte nach einer Ausbildung, Wiedereinsteiger nach einer Elternkarenz, etc.

 

Wie bewerbe ich mich für den Besuch eines Kollegs?

Nicht jedes Kolleg bietet in jedem Jahr einen Starttermin für neue Schüler an. Die genauen Bewerbungsfristen und Startzeitpunkte eines Semesters müssen der Webseite oder den Broschüren des betreffenden Kollegs entnommen werden. Mögliche Unterstützungen (siehe oben: Familienbeihilfe etc.) sollten frühzeitig beantragt werden, um eine finanzielle Durststrecke zu vermeiden.

Für die Aufnahme an einem Tages- oder Abendkolleg ist in der Regel ein Bewerbungsschreiben notwendig, vergleichbar mit dem für einen reglementierten Studiengang, der eine eigene Aufnahmeprüfung vorsieht.
In dieser Bewerbung sollen die angehenden Kolleg-Schüler ihre Motivation darlegen, ihre bisherigen – vor allem praktischen – Erfahrungen in der Fachrichtung ausführen und ihre Pläne zum aktuellen Zeitpunkt für ihre berufliche Laufbahn kurz umreißen.

Da besonders bei beliebten Kollegs mit einer begrenzten Anzahl an Plätzen die Zahl der Bewerber die Zahl der verfügbaren Kursplätze übersteigen kann, ist die Bewerbung in diesen Fällen besonders wichtig.

In jedem Fall mitverschickt werden müssen die entsprechenden Nachweise für den Abschluss einer Allgemeinen höheren Schule oder einer staatlich anerkannten Ausbildung. Folgende Teile sollten in der Bewerbung insgesamt enthalten sein:

  • Lebenslauf inklusive Bewerbungsfoto (bei vielen Kollegs nicht mehr obligatorisch)
  • ein erklärendes Motivationsschreiben (1 – 3 Seiten)
  • das jeweilige ausgefüllte Bewerbungsformular
  • Falls vorhanden: Nachweis über eine Vergünstigung (beispielsweise aufgrund einer Mitgliedschaft, Förderung durch private Stiftungen, etc.)
  • falls gefordert: eine eigene Arbeitsprobe (vorzulegen beispielsweise bei der Fachrichtung Journalismus oder Kunst)
  • falls gefordert: Absolvierung eines Eignungstest bei speziellen Fachrichtungen oder Erarbeitung eines Probeauftrags

 

Welche Kollegs gibt es in Österreich?

Im ganzen Land gibt es mehr als 100 Tages- und Abendkollegs, einige Institutionen bieten auch beide Formen an. Im Folgenden finden Sie eine Aufzählung einiger Kollegs in den Bundesländern:

  1. Kolleg für Sozialpädagogik der Diözese Graz-Seckau (Graz)
  2. Modeschule Graz HBLA, Fachschule und Kolleg f. Mode (Graz)
  3. Vienna Business School HAK I / HAS I Kolleg für Kunstmanagement (Wien)
  4. Tourismusschulen inkl. Modul-Form (Wien)
  5. Höhere Technische Lehranstalt Wien 1o – Fachrichtung MINT(HTL 10)
  6. Höhere Graphische Bundes-Lehr- und Versuchsanstalt (Wien)
  7. Fachschule für Keramik und Ofenbau / Kolleg und Aufbaulehrgang für Ofenbautechnik (Stoob)
  8. Bildungsanstalt und Kolleg für Elementarpädagogik (Lanzenkirchen)
  9. Höhere Lehranstalt – Kolleg für Möbeldesign des Wirtschaftsförderungsinstitutes der Wirtschaftskammer Niederösterreich (St. Pölten)
  10. Bildungsanstalt für Kindergartenpädagogik der Stadt Wiener Neustadt (Wien)
  11. Bundesbildungsanstalt für Elementarpädagogik Steyr (Steyr)
  12. Höhere gewerbliche Bundeslehranstalt – Fachrichtung Tourismus (Bad Leonfelden)
  13. Kolleg für Sozialpädagogik Wien mit Öffentlichkeitsrecht (Wien)
  14. Kolleg für Kommunikations- und Mediendesign Krieglach (Sommer)
  15. Höhere Technische Lehranstalt für Bautechnik Wien 1o (Wien)

Aufgrund der großen Gesamtzahl an Kollegs verzichtet diese Aufzählung auf Vollständigkeit. Umfassendere Informationen gibt es bei der Arbeiterkammer oder auf der Webseite des Bildungsministeriums.

 

Durch diese Videovorstellung eines der renommierten Wiener Kollegs bekommt man eine gute Vorstellung, welche Chancen ein Kolleg bietet:

 

Welche beruflichen Perspektiven gibt es nach dem Kollegabschluss?

Diejenigen, die ein Tages- oder Abendkolleg erfolgreich mit der Diplomoprüfung abschließen, haben eine Vielzahl von Möglichkeiten nach der Absolvierung. Abgesehen von dem direkten Einstieg in den gewählten Beruf (als Wirtschaftsingenieur, Bauzeichner, Sozialpädagoge oder Tourismusmanager) können Kollegabsolventen folgende Wege einschlagen:

  • ein anschließendes Studium an einer Universität oder Fachhochschule
  • Gründung eines eigenes Unternehmens beziehungsweise die legitime selbstständige Berufsausübung in einem reglementierten Gewerbe (in einigen Branchen ist zusätzlich noch eine Befähigungsprüfung dafür notwendig)
  • Gründung eines eigenes Unternehmens beziehungsweise die legitime selbstständige Berufsausübung in einem nicht-reglementierten Gewerbe (die Befähigungsprüfung entfällt in der Mehrzahl der Fälle)
  • Anschluss einer Lehrabschlussprüfung (die gesamte Studiendauer wird durch den Kollegabschluss stark verkürzt)
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